Westliche Han-Dynastie
Niedergang der Qin-Dynastie und Gründung der Han-Dynastie
Der erste Kaiser der Qin-Dynastie Qin Shi Huangdi starb im Jahr 210 vor Christus während einer Inspektionsreise. Nachfolger wurde sein zweiter Sohn, der den Namen Er Shi Huangdi (Zweiter Kaiser) annahm. Im Jahr 207 wurde der Kaiser vom Eunuchen Chao Gao ermordet. Das harte Strafsystem, die harten Frondienste (Bau der Großen Mauer) und Kriegszüge führten überdies zur Unzufriedenheit der Bauern. Der alte Adel war unzufrieden, da ihm vom Kaiser die Macht genommen worden war.
Der Neffe des ermordeten Kaisers konnte sich knapp über einen Monat an der Macht halten, bevor Liu Bang als Anführer eines Bauernaufstandes in die Hauptstadt einzog. Der Kaiser verzichtete auf den Titel und wurde später von Xiang Yu, einem anderen wichtigen Anführer des Aufstandes, ermordet. Nun standen sich Liu Bang und Xiang Yu im Kampf um die Oberherrschaft in China gegenüber. Zunächst teilten sie das Reich unter sich auf, Liu Bang im Westen und Xiang Yu im Osten.
Liu Bang konnte sich im Jahr 202 vor Chr. im Bürgerkrieg gegen Xiang Yu durchsetzen und gründete die Han-Dynastie.
Maßnahmen zum Wiederaufbau und zur Sicherung des Reiches
Hauptstadt des neuen Reiches wurde Chang´an (heutiges Xi´an) in der Provinz Shenxi. Zu Beginn hatte Liu Bang seine Gefolgsleute mit großzügigen Lehen belohnt, allerdings erwies sich diese Wiedereinführung der Lehnsherrschaft als Fehlschlag, da die Lehnsherren untereinander Konflikte austrugen und ihre Macht zu steigern suchten, so dass sie die Herrschaft der neuen Dynastie bedrohten.
Liu Bang bemühte sich also, die Macht der Lehnsherren wieder zu beschneiden. Er nahm den Lehnsherren die Möglichkeit eigene Lehen zu vergeben und somit war ihnen das wichtigste Mittel, eigene Abhängigkeiten und Loyalitäten zu schaffen, entzogen. Gegen unliebsame Lehnsherren ging er unbarmherzig vor und tauschte sie gegen Familienmitglieder aus, denen er vertraute.
Liu Bang stand außerdem vor dem Problem, das heruntergewirtschaftete Reich wieder aufzubauen. Er senkte die Abgaben und die jährlichen Frondienste der Bevölkerung, überarbeitete die Gesetze der Qin, milderte deren Strafenkatalog ein wenig, die Vererbbarkeit der Beamtentitel wurde unter ihm abgeschafft. Es wurden Umsiedlungen der Bevölkerung vorgenommen. Die Bevölkerung wurde in Volkszählungen erfasst und eine Kopfsteuer erhoben sowie Frondienste verlangt.
Obwohl die Regierungsweise der Qin-Dynastie, die sich an den Theorien Schule des Legismusorientiert hatte, später von den konfuzianischen Gelehrten verdammt wurde, wurde deren Administration in der Praxis beibehalten und legistische Regierungslehren auch in den kommenden Dynastien in der Praxis angewandt, da die konfuzianische Lehre von der Herrschaft durch das tugendhafte Vorbild des Herrschers, für die praktische Herrschaftsausübung nicht tauglich war.
Bereits ein Jahr nach Liu Bangs Machtübernahme musste er sich auch äußeren Feinden erwehren. Die Hunnen (Xiongnu) fielen im Norden ins Reich ein und zwangen ihn zum Rückzug südlich der Großen Mauer. Im Jahr 198 v Chr. konnte Liu Bang einen brüchigen Frieden mit den Hunnen schließen. Liu Bang wurde nach seinem Tod 194 v. Chr. der Kaisername Han Gaozu („Großer Ahnherr der Han“) verliehen, sein Nachfolger wurde sein zweitältester Sohn Huidi, den ältesten Sohn, der von einer anderen Frau Liu Bangs abstammte, hatte Huidis Mutter vergiften lassen.
Huidi blieb nur 4 Jahre an der Macht, danach übernahm seine Mutter Lü Hou, die Kaiserinwitwe das Zepter. Sie ermordete die anderen Nebenfrauen des Kaisers und setze nach und nach Mitglieder ihrer eigenen Familie in hohe Ämter ein, um ihre Macht zu sichern. Im Jahr 180 starb sie und Kaiser Wendi kam an die Macht, nachdem die Mitglieder der Familie der Kaiserinwitwe getötet worden waren.
Wendi konsolidierte das Reich endgültig, war ein gerechter und vor allem sparsamer Herrscher. Die Hunnen im Norden hielt er durch Tributzahlungen in Schach. Zudem schränkte er die Macht der Fürsten weiter ein. Erst Wendis Nachfolger Jingdi gelang es jedoch endgültig, die zentralistische Herrschaft des Kaisers gegen die Fürsten zu sichern und einen letzten großen Aufstand niederzuschlagen.
Glanzzeit der Han-Dynastie
Die Regierungszeit Kaisers Wudis (141-87 v. Chr. – Wu bedeutet „der Kriegerische“) gilt als Glanzzeit der Han-Dynastie. Die Fürsten hatten zu dieser Zeit ihre Macht völlig eingebüsst, die Fürstentümer waren zerschlagen, da sie nicht mehr an den ältesten Sohn eines Fürsten vererbt sondern unter allen Söhnen aufgeteilt und somit zerstückelt wurden. Die ersten Jahrzehnte der Han-Dynastie standen also unter dem Zeichen der Machtkonsolidierung und des Aufbaus des zentralistischen Staates, die Regierungszeit Han Wudis unter dem Zeichen der Ausdehnung des Reiches.
Han Wudi unternahm Feldzüge in die Mongolei, Südchina, Vietnam und Korea. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern ging er ab 135 v. Chr. offensiv gegen die Hunnen vor und konnte sie 121 v. Chr. entscheidend schlagen. Dieser Sieg garantierte für Jahrzehnte den sicheren Warenaustausch mit dem Westen über die Seidenstraße. Unter der Han-Dynastie wurden sogar Kontakte mit griechisch geprägten Kulturen geknüpft.
In der Han-Zeit lebte der berühmte chinesische Historiker Sima Qian (145-90 v. Chr.), der das einflußreiche Geschichtswerk Shiji schuf.
Der Konfuzianismus zur Zeit der Han-Dynastie
Bis zur Herrschaft Han Wudis hatte der Konfuzianismus ein Schattendasein geführt. Kaiser Wen zum Beispiel war eher vom Daoismus angetan, die Herrschaftsweise war jedoch lange legalistisch geprägt, die Gesetze und Verwaltung noch vom Qin-Reich übernommen. Erst unter Han Wudi wurde die Verwaltung „konfuzianisiert“, unter ihm durften nur noch Konfuzianer Beamte werden. Das System der Beamtenprüfung wurde eingeführt, das 2000 Jahre lang bis zum Untergang des chinesischen Kaiserreichs bestehen sollte. Die Ablehnung von Gesetzen durch die Konfuzianer wurde relativiert und Gesetze als praktische Ergänzung der konfuzianischen Ethik angesehen. Dies geschah vor allem durch den Einfluss der Schriften von Dong Zhongshu, ein berühmter Kommentator der konfuzianischen Klassiker.
Niedergang der westlichen Han-Dynastie
Die Nachfolger von Han Wudi waren schwache Kaiser und konnten die Herrschaft nicht halten. Grund war die wieder steigende Machtfülle der Großgrundbesitzer, die teilweise wegen Ihrer Verdienste um das Reich Steuererleichterungen genossen, ihren Grundbesitz auf Kosten der Kopfsteuer zahlenden Kleinbauern vergrößerten und somit für Steuerausfälle der Zentralregierung sorgten. Die grundbesitzlosen Bauern standen nun im Dienst ihres Grundherren und mussten keinen Frondienste für den Staat mehr leisten.
Der Niedergang der Dynastie begann mit den Kaisern Zhaodi und Xuandi, die minderjährig waren und im Schatten des Generals Huo Guang standen, der nach Wudis Tod dessen Werk fortführte. Auch Kaiser Zhengdi war mehr am ausschweifenden Hofleben als an Regierungsgeschäften interessiert. Die Macht der Grundbesitzer wuchs, die der Zentralregierung schwand immer mehr, im Palast kam es zu Intriegen zwischen den einzelnen Familien der Kaiserinnen, bis 9 nach Chr. Wang Mang den Kaisertitel annahm und eine eigene Dynastie gründete.
Alle Kaiser der westlichen Han-Dynastie:
202-194 v. Chr. | Han Gaozu (Liu Bang) |
194-188 | Huidi |
188 -179 | Herrschaft der Kaiserinwitwe Lü Hou |
179- 157 | Wendi |
157 -141 | Jingdi |
141 -87 | Wudi |
86 – 74 | Zhaodi (87- 68 Regentschaft des General Huo Guang) |
74 – 48 | Xuandi |
48- 33 | Yuandi |
33-6 v. Chr. | Zhengdi |
6 – 1 v. Chr. | Aidi |
1v. Chr. 6 n. Chr. | Pingdi |
6 n Chr. – 9 n. Chr. | Wang Mang als provisorischer Kaiser |